Wir brauchen Mütter, die ihre Grenzen kennen

bearbeitet 23. 04. 2015, 11:37 in Plauderecke
Manche Mutter reibt sich so lange auf, bis am Ende nur noch der Wunsch bleibt, nie Kinder bekommen zu haben. Ein Gespräch mit Soziologin Christina Mundlos über gesellschaftliche Ansprüche, Selbstversklavung und ein neues Mutterbild.
http://www.sueddeutsche.de/leben/regretting-motherhood-wir-brauchen-muetter-die-ihre-grenzen-kennen-1.2439821

Ich würde das gerne zur Diskussion stellen

Kommentare

  • MangiferaMangifera

    192

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Guten Morgen!

    Dann versuch ich mal dazu was zu schreiben :)

    Ich denke, jede Mutter bzw. jeder Elternteil hat gelegentlich Momente wo man sich sein "altes Leben" zurückwünscht. Wo man denkt "Boah, einfach mal nen Abend gepflegt aufbleiben solange man will, was essen gehen, tanzen oder einfach auch nur vor der Glotze, dem Computer abhängen und tun und lassen was man will...das wäre toll. Warum hab ich es damals nicht zu schätzen gewusst dass ich diese Möglichkeit habe, warum war das so normal und selbstverständlich".

    Zumindest mir ging es hin und wieder so, wenn ich abends zwei Stunden versucht hab meinen Sohn beim einschlafen zu begleiten und mich danach nicht mehr wegbewegen konnte, weil er sofort aufgewacht wäre.

    Ich hab mich dann oft gefragt, ob ich, wenn ich die Wahl nochmal hätte, auf meinen Sohn verzichten wollen würde und ich kam ohne großes Grübeln auf ein klares NEIN. Ich möchte nie wieder auf meinen Sohn verzichten, so anstrengend und kraftraubend das auch manchmal ist.

    Nun sind bei mir aber vielleicht auch einige Faktoren anders. Ich musste meinen Beruf/Karriere nicht aufgeben für mein Kind. Ich hab bereits vorher schon länger nicht mehr gearbeitet und war ohnehin nie ein Karrieremensch.
    Ich hab relativ spät ans Kinder-kriegen gedacht und daher eben vorher meine Partnerschaft mir allen Höhen und Tiefen gelebt. Es gibt jetzt kein Gefühl von "das hab ich wegen des Kindes alles verpasst" oder "ich hab meine besten Jahre meinem Kind geopfert".

    Wie im Artikel gesagt, ist da dieser Drang die perfekte Mutter zu sein. Bei dem was man als Mutter alles leisten soll, bleibt man selbst doch gezwungener Maßen auf der Strecke.
    Ich glaube nicht daran dass man Topkarrierefrau und engagierte Vollblutmutter zur selben Zeit sein kann ohne dass es auf Kosten der eigenen Person geht.
    Wir sind alle in so einer Perfektionsspirale. Alles muss voll ausgeschöpft werden. alles Potential voll entfaltet werden.
    Du darfst doch gar nicht sagen "Nein, mein Kind geht nicht zur sprachlichen Frühförderung Chinesisch. Das wird mir zu viel, dass pack ich nicht". Dann bist du doch gleich eine schlechte Mutter die ihrem Kind nicht ermöglicht sich voll zu entfalten.

    Überhaupt darfst du heute keine Schwäche mehr zeigen. Da bist du die verwundete Gazelle in der Serengeti.
    Und das geht so weiter bis du im Burn out landest, weil irgendwann dein Körper eben sagt dass du dein Konto schon lange überzogen hast und dir der Dispo gestrichen wird.
    Und damit bist du auch gleich in der Schiene der psychisch labilen die halt nicht stark genug sind und wirst wieder abgewertet.

    ich glaube aber nicht dass das wirklich neu ist. Grade hier bei uns ist es doch durch historische Ereignisse so, dass du Härte und Stärke zu zeigen hast und dich "nicht so haben sollst", dich "mal ein wenig zusammenreissen" sollst und überhaupt "Wo ein Wille, da ein Weg".
    Bei unseren Eltern/Großeltern war es doch noch "Meine Kinder sollen es später mal besser haben als ich".
    Dafür hat man später aber oft wohl auch die Früchte seiner Arbeit gesehen, denke ich. Heute rackerst du dich ab um wenigstens über die Runden zu kommen (und willst nebenbei noch deinen Kindern möglichst viel ermöglichen). Oder sehe ich dass zu schwarz?

    Das vergleichen der Mütter untereinander ist so ein weiterer Punkt. Irgendwie steht man ja doch immer in direkter Konkurrenz, vergleicht das Können der Kinder und das jeweilige Erziehungsmodell und wertet darüber auf oder ab. Fängt ja schon im Prinzip mit dem Geburtsmodus an.

    Also nicht mal bei Frauen in der selben Lage wie man selbst ist, kann man sich Unterstützung holen (oftmals, nicht immer!).
    Wenn du dann nicht mal ein soziales Netzwerk hast, dass dich stützt und trägt, dann glaube ich gern, dass man sich wünscht, nie Kinder bekommen zu haben.
    Ohnehin hat die Institution Familie heute ja Schwierigkeiten. Rentner die einfach ihren Lebensabend genießen können, gibts doch auch kaum noch, oder?

    Meine Mutter ist im Vorruhestand...damit hab ich echt Glück weil sie es mir ermöglicht, einmal in der Woche einem Hobby nachzugehen und damit einfach mal rauszukommen und was für mich zu machen. Das ist Gold wert und ich schätze mich wirklich glücklich dass mir das ermöglicht wird.
    Mein Kind wird derzeit nicht fremdbetreut und ich bin nicht berufstätig.
    Müsste meine Mutter noch Vollzeit arbeiten, wie sehr viele Frauen in ihrem Alter (sie ist Ende 50) und ich müsste vielleicht auch noch arbeiten, hätte ich diese Möglichkeit nicht.
    Das was ich in meinem Beruf verdiene ist dazu noch so gering, dass auch mein Mann nicht ernsthaft Arbeitszeit reduzieren könnte. In seinem Job auch eh etwas schwieriger. Ich hätte keinen Ausgleich. Keine Ahnung wie ich das dann dauerhaft packen würde und dazu noch stets ausgeglichen und zugewandt meinem Kind gegenüber sein soll. :traurig41:

    Ich finde aber schon das Muttersein (ich erweitere auf Elternsein) einen gewissen Verzicht mit sich bringt. Ich kann nicht weiter leben wie vor dem Kind und das Kind einfach halt so nebenbei noch zusätzlich haben. Kinder haben bedeutet schon auch sich dafür aufzuopfern, aber es darf eben keine völlige Selbstaufgabe darstellen. Dann muss man ja kaputt gehen.
    Die Gratwanderung ist nicht leicht und sie wird uns in der heutigen Gesellschaft, fast unmöglich gemacht. Daher finde ich es gut das es einen solchen Artikel gibt, auch wenn er sich schockierend liest von der Überschrift her und es schier unvorstellbar erscheint, dass es Mütter gibt die ihre Kinder hassen weil sie ihr leben zerstört haben.

    ich hoffe das war jetzt nicht zuuuuu chaotisch geschrieben und du kannst was damit anfangen, Marlies und natürlich auch die die sich an dem Thema beteiligen mögen ;)

    Liebe Grüße und viel :sunny:
    Mangifera
  • Ruby RedRuby Red

    122

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Am Anfang habe ich mir oft die Frage gestellt ob ich es bereue ein Kind zu haben, gerade die ersten Jahre nach der Meningitis meines Sohnes. Doch jedesmal bin ich zu dem Schluss gekommen nein ich bereue es nicht, nur 2-3 Jahre später hätte es sein dürfen.

    Das Gefühl was zu verpassen hatte ich nie. Ich liebe meinen Sohn nach wie vor, ach wenn er mir manchmal den letzten Nerv raubt jetzt in der Pubertät. Dann gönn ich mir ein wenig Entspannung und danach ists wieder gut.

    Um ehrlich zu sein kann ich die Mutter/Eltern die es bereuen ein Kind bekommen zu haben nicht verstehen. Erstens kann man sich das überlegen bevor man ein Kind bekommt und zweitens wächst man mit seinen Aufgaben. Man muss natürlich bereit sein, sein eigenes Leben, die Vorstellungen und Ziele umzustellen und auf Leben mit Kind einstellen.
  • Alyta_29Alyta_29

    533

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Ehrlich, ich finde das total traurig. Ich finde es auch traurig, dass wohl zur Zeit auch wahnsinnig viele in Mutter Kind Kur müssen. Unabhängig davon ob berufstätige Mütter oder Vollzeit Mütter.
    Dieser Trend ist echt erschreckend.

    Ist Kinder kriegen und erziehen denn nichts "alltägliches" mehr?
    Gab es diese Probleme schon immer und wurden sie nur totgeschwiegen oder ist es ein Problem der "Neuzeit"?
    Ist es die Suche nach Perfektion? Und wenn, wer nicht überfordert ist, ist die Person eine schlechtere Mutter?

    Ich liebe mein Kind und würde es nie hergeben wollen. Auch ich habe mal Tage, da brauche ich mal mehr Zeit für mich. Aber ich gehe ja Teilzeit-arbeiten, da genieße ich es, in Ruhe mich auf eine Sache konzentrieren zu können, in Ruhe essen zu können. Und wenn ich mal Freizeit brauche, dann nehme ich sie mir. Wenn der kleine Mann schläft, habe ich sowieso Zeit für mich. Oder ich treffe mich auch mal mit Freunden.
    Ich schaue schon, dass wir unser Leben optimal für alle führen, aber so wie auch mein Mann und ich mal zu Gunsten unseres Kindes verzichten, muss auch unser Kind einfach mal "mitlaufen". Klar gibt es mal Zeiten (Krankheiten, Laune oder was auch immer), da knabbern wir alle hart. Aber danach und manchmal auch dazwischen muss jeder mal Zeit zum Kraft auftanken bekommen.
    Notfalls durch "Fremde", das schadet meiner Meinung nicht.

    Ich glaube der Schlüssel liegt darin, sich nicht als OPFER zu sehen, sondern als Spielemacher. Wir haben alle unser Leben selbst in der Hand. Unsere Kinder sind auch nicht aus Zucker. Sie vertragen dann doch mehr als wir denken. Wenn die Erziehung nicht peefekt ist, werden sie auch keinen Schaden davon tragen....
  • CriosaCriosa

    2,598

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Ich hatte viele schwierige Zeiten mit Elias die mich auf jeden Fall an den Rand der Erschöpfung und darüber hinaus getrieben haben, und meinen Mann auch. Aber es lag vor allem daran, das wir alles "perfekt" machen wollten und uns dabei auch keinerlei Fremdhilfe holen wollten.
    Mit jedem Schritt Fremdhilfe und Selbstständigkeit von Elias, sei es durch Kindergarten, Oma&Opa, oder später Schule, wurde alles besser und entspannter.

    Ich finde was die meisten Frauen gerade heute völlig verlernt haben ist auf ihre eigene innere Stimme zu hören und auch mal nein zu sagen.

    Nein zu dem Quengeln des Kindes.
    Nein zu den Erwartungen die Gott und die Welt an einen hat.
    Kinder sind nicht glücklicher nur weil Mama sich selbst aufgibt und sie ihr rund um die Uhr auf der Nase herum tanzen können! Im Gegenteil. Ich habe Kinder von "starken" Eltern, die sich Auszeiten zu schaffen wussten und auch ein Leben neben Kind und Kegel fortsetzten in aller Regel als ausgeglichener und gefestigter erlebt als so manche Muttersöhnchen.

    Aber ich sehe es auch wie Magnifera. Das heißt natürlich NICHT, das es gar keinen Verzicht gibt. Oder man gar nichts ändern muss!
    Es sind schon viele Einschränkungen. Aber ich würde das ehrlich gesagt eher als eine Verschiebung von Prioritäten sehen, als eine Einschränkung für mein Leben. Ich kann nicht jeden Abend Essen gehen und 7 Tage die Woche 12 Stunden arbeiten.

    Ja und?
    Das will ich aber auch gar nicht!
  • bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Ich würde mal behaupten das es zuerst der eigene Anspruch ist perfekt zu sein. Wer setzt Euch denn so unter Druck? Mann? Familie? Und was ist überhaupt "perfekt"? Auf den Seiten hier schreibe ich so etwas in dieser Form schon seit "immer." :cool:
    In der Schwangerschaft (in der man einen glatten Bauch haben muss und kaum zunehmen darf) denkt man nur bis zur Geburt. Nur nebenbei: Ich habe schon Beschwerden bekommen weil ich ganz normal Bäuche auf dem Portal habe.
    Theoretisch ist einem klar das man sich umstellen muss. Aber in welchem Ausmaß wohl eher nicht.
    Wochenbett ist aus der Mode gekommen. Nicht erst seit die Models nach drei Tagen wieder so aussehen wie vorher. Aber tendenziell steigend muss Frau das auch
    Tolle Babyfotos in Zeitschriften mit madonnenhaften Müttern, perfekt geschminkt, frisiert selig lächelnd und nie schreiende Kindern bereiten einen nun auch nicht gerade auf den Kinderalltag vor.

    Ich kriege schon Herpes wenn ich "perfekt" höre. Perfekte Hochzeit (wie langweilig), perfektes Dinner, perfekter Babywettbewerb auf unzähligen Internetseiten. usw. usw. :erstaunt: :erstaunt: Habt Ihr das übrigens schon gehen? Gaaaaaaaaanz unten rechts
    http://www.hebamme4u.net/baby.html

    Perfekt geht nicht. Keiner ist unfehlbar. Auch Eltern nicht. Erste Kinder sind Übungskinder. Man bekommt auch kein Katalogkind. Irgendwie muss man nehmen was kommt. Kinder kommen aber selten auf andere Elten . Stichwort: Eigenen Pubertät.

    Es hat sich was geändert. Vieles zum Besseren was Gesundheit usw. angeht

    Wann das Ganze begonnen hat kann ich auch nicht festmachen. Wettbewerbe gab es schon immer ((z.B in meinen Kursen.) Wann das Kind durchschläft oder so. Die meisten Frauen habe aber ich betreut und so gab es wenigstens kaum Schönfärberei.
    Verändert hat sich der Alltag. Bei uns waren drei Kinder normal. Sie liefen "nebenbei" auch wenn die allermeisten Frauen nicht berufstätig waren. Der Haushalt war weeeeeesentlich mühseliger. :haushalt: "und es kam häufig Gartenarbeit dazu. Familien wohnten oft noch näher zusammen. und haben sich die Kinder mal "abgenommen." Erziehung war eher Bauchsache oder man machte "was Omma sacht" bzw. man selbst erfahren hatte. Mit Kindern diskutieren kam nicht vor.
    Bei uns war es aber äußerst wichtig was "denn die Nachbarn sagen". Bis heute habe ich diesen Maßstab nicht begriffen. Immerhin ist die. Nachbarschaft zahlentechnisch überschaubar
    Verschieben von Prioritäten finde ich sehr gut formuliert.

    Wie lebt es sich denn mit der Erkenntnis nicht alles richtig machen zu können? Entspannter? Oder hat man neuen Druck?
    Habt Ihr mitbekommen das dies extreme Frühfördrung schwer kritisiert wird? Ich hätte Argument falls gewünscht.
  • CriosaCriosa

    2,598

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Also ich lebe deutlich entspannter mit dieser Erkenntnis und ich bin froh darum, sie bekommen zu haben, auch wenn das verdammt lange gedauert hat. ;-) (Und in manchen Dingen ist dieser Lernprozess auch noch nicht ganz abgeschlossen... :oops: ;-) )

    Warum wird Frühförderung denn schwer kritisiert? Und welche Art davon genau?
  • bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Es wird gesagt das Kinder überfordert werden. Terminkalender wie Manager hätten. Es geht nicht darum früh eine Sprache zu lernen oder um ein bis zwei Babykurse.
    Sondern: Kita/Kiga Schule, Hausaufgaben Sport, Musik , Nachhilfe usw usw. Zeit zum Spielen, Nichtstun, träumen abhängen sich mit Freunden treffen hätten schon Grundschüler nicht mehr. :shock:

    Kinder haben Depressionen :shock: , Kopfschmerzen, :erstaunt: Rückenprobleme, Schlafstörungen und im Zweifelsfall ADS. Nirgendwo auf der Welt werden so viele Medikamente ( nicht nur Ritalin) verschreiben wie in D. Nicht ganz passend zum Thema, aber ich sehe einen deutlichen Zusammenhang mit dem Hang zum Perfektionismus. Naja nicht nur ich natürlich.....Es gab da letztens u.A. eine Stellungnahme der Kinder und Jugendärzte.
    Daraufhin gab es dann Artikel wie diesen hier und einige Reportagen dazu.

    http://www.wochenblatt.de/nachrichten/r ... 578,274918
    Er ist nur kurz
  • MangiferaMangifera

    192

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    hm, ich denke, der Druck kommt eher von der Gesellschaft. Zumindest bei mir kommt da nichts aus der Familie. Von meinem Mann schon gar nicht.
    Aber die Topmodelmütter die, wie du schon sagst, drei Tage nach Entbindung wieder aussehen als wären sie nie schwanger gewesen und wieder den Laufsteg langzuckeln, die Werbung (man denke an diese unsägliche Werbung, ich meine es war für ein Deo, wo der Mann völlig erschossen auf dem Sofa liegt und Frau den Alltag spielend bewerkstelligt, immer drei Dinge gleichzeitig macht, Kind natürlich nebenher und dabei immer freundlich, fröhlich und super gestylt ist). Eigentlich sollte man da doch denken "So ein Schwachsinn". Tu ich persönlich auch. Aber bleibt nicht manchmal doch etwas hängen?

    Dann denke ich auch, der Druck der Arbeitswelt ist da. "Früher" hast du dein bestes gegeben auf der Arbeit und hast dafür auch die Anerkennung bekommen. Jeder war individuell, jeder hatte seine Stärken und Schwächen. Inzwischen sind doch aber eher fest definierte Standards eingeführt was das Beste, effektivste ist und dem musst du entsprechen.

    Kleines Beispiel dazu, vielleicht können einige was damit anfangen. Ich hab lange Zeit ein Online-Rollenspiel gespielt, von beginn an, hab also die Entstehung dieses kleinen Kosmos hautnah miterlebt. Ich finde, dass man viele Dinge die in der Gesellschaft passieren, dort im Zeitraffer erlebt.
    Anfänglich haben alle nett miteinander gespielt. Alles war neu und aufregend, man war Teil einer besonderen Gemeinschaft. Man hat als Team funktioniert. Der eine brauchte vielleicht etwas mehr Zeit, der andere etwas weniger. An einem Gegner gescheitert? Macht nichts. Drüber lachen und nochmal versuchen. 10 mal gescheitert? Probieren wir es morgen nochmal.
    Inzwischen hat sich das Blatt total gewandelt. Du musst einen bestimmten Standard an Ausrüstung haben. Jemand hat errechnet welche Fähigkeit deiner Spielfigur wann eingesetzt werden muss und in welcher Reihe damit du am effektivsten bist und deine Ressourcen nicht verschwendest.
    Wagst du es, dich daran nicht zu halten und gar so zu spielen wie dir der Schnabel gewachsen ist, bist du schneller untendurch als du es selber merkst und wirst aus der jeweiligen Gruppe entfernt.

    Wie entsteht das? Jemand will besser sein als alle anderen (oder hat einfach Spaß daran solche Dinge zu berechnen) und ist damit anderen eine Nasenlänge voraus. Andere wollen das unbedingt mindestens genau so toll schaffen wie derjenige/diejenige und kopieren das. So setzt sich der Rattenschwanz fort bis du es genauso machen MUSST. Sonst bist du untendurch.

    Klar, kann man nicht eins zu eins übertragen...wir reden hier ja vom echten Leben. Aber das Muster kann man, denke ich, wiederfinden.

    Auch im Spiel hilft es, Leute zu finden die so denken wie man selbst und die die selben Vorstellungen haben.

    So hilft es mir auch, nicht in den Perfektionssog zu kommen. Und ich war noch nie jemand, der jedem Trend nachjagen musste. So ist es für mich auch mit Kindern und Erziehung. Ich versuche herauszufinden ob etwas für mich Sinn macht und ob es für mich realistisch ist.
    Helfen tun, denke ich, aber auch so Aussagen wie die von Juul, dass man authentisch sein soll, nicht perfekt.

    Vielleicht ist es auch nochmal schlimmer, wenn man selbst in einem Stil erzogen ist, den man bei den eigenen Kindern unbedingt und unter allen Umständen vermeiden will? Erhöht das nicht auch den Druck?
    Ich hab das zum Glück nicht, oder nicht besonders stark. Klar, manche Sachen will wohl jeder anders machen.

    Wie du sagst Marlies, früher wurde gemacht was Oma sagte. Die hatte schließlich 3-4 Kinder großgezogen und wusste wie der Hase läuft. Heute ist das meiste überholt (oder man hält es für überholt, wer weiß wie es in 30 Jahren aussieht ;) ) und man holt sich Rat von "echten" Experten die uns sagen, wie es denn am besten zu sein hat, was das Optimum ist.
    Und da wir mittlerweile dran gewöhnt sind, immer das Beste und das Optimalste zu wollen...

    Ich bin bereit, mir Fehler zuzugestehen im Umgang mit meinem Kind und ich bin froh, zu wissen dass diese noch lange nicht in einer Katastrophe enden müssen und ich damit mein Kind völlig verkorkse ;)

    @ Criosa: Wächst man nicht auch charakterlich mit seinem Kind und entwickelt sich weiter? Ich meinte das in Bezug auf den Lernprozess von dem ich glaube, dass er nie ganz abgeschlossen ist :) Ich war vor meinem Sohn ja noch nie Mama *g*

    Ha, auch eine gute Erkenntnis: Ich kann in nichts perfekt sein, was ich vorher noch nie gemacht habe. Das von mir selbst zu erwarten ist unsinnig.
    (das war jetzt natürlich nicht mehr auf dich bezogen, Criosa!)
  • CriosaCriosa

    2,598

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Das hast du sehr gut formuliert Magnifera. :grin: Ja ich finde man wächst auf jeden Fall an seinem Kind. Vor allem bietet es die stärkste Motivation an sich selbst zu arbeiten, die es im Leben nur geben kann. Für mich zumindest. ;-)

    Das mit den Online Rollenspielen habe ich auch so erlebt. Das war auch ein Grund, weshalb ich nach Elias Geburt mit diesen Spielen aufgehört habe. Da war einfach kein Platz mehr für "Optimierung" und Kind in einem. Wobei ich wieder bei der "Prioritäten"-Frage wäre.


    @Marlies: Ja was das angeht stimme ich dir zu. Termine Termine, das ist wirklich schlimm geworden bei Kindern. :sad: Und die Schulen fördern das ja auch. Ich sag nur G8... :boese13:
  • MangiferaMangifera

    192

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Also ich hab mich nun durch einige Artikel durchgelesen die auf diesem "Regretting motherhood"-Artikel basieren und finde dass es langsam doch etwas groteske Züge annimmt und manches macht mich schlicht wütend :flaming01:

    (Marlies, ich hoffe ich hab das richtig verstanden das Zeitungsartikel ohne vorherige Genehmigung verlinkt werden dürfen? Sonst bitte ich um Entschuldigung und ggf. Korrektur)

    http://www.deutschlandradiokultur.de/my ... _id=317507

    Die Aussagen am Anfang des Artikels finde ich heftig!

    Und die Mutterrolle wird bewusst mythisiert um Frauen zu kontrollieren..vom fiesen Patriarchat natürlich.

    Nee wirklich, ich kann es ja verstehen dass Mütter an dem Anspruch der Perfektion zugrunde gehen. Ich kann es auch verstehen, dass man sich in manchen Momenten wünscht, man hätte kein Kind!
    Aber die Mutterrolle per se zu verteufeln finde ich krass, zumal grade heute ja kaum noch jemand gezwungen ist, Mutter zu werden der es nicht will.
    Sicher gibt es noch den Druck das es zu einer Partnerschaft oder zumindest der Ehe dazu gehört, Kinder zu bekommen. Aber ich denke, der Druck ist wenigstens hier zu Lande marginal.

    Und nun wetter ich einfach noch ein bisschen gegen die heutige Gesellschaft ;)
    Heute ist ja keiner mehr bereit, mal ein wenig sich selbst zurückzunehmen und auch einfach mal was auszuhalten. Wenn die Partnerschaft nicht mehr so läuft wie man sich das denkt, wenn einen die Partnerschaft nicht mehr so erfüllt, dann eben weg damit.
    Das man an so was auch arbeiten kann und sich manche Dinge im Laufe der Zeit auch mal ändern, da denkt natürlich keiner dran.
    Tja, dumm das man bei Kindern nicht wirklich zurück kann sondern da durch muss, was?
    Man ist ja heute auch völlig im Dunkel gelassen darüber, was es bedeutet Kinder zu haben. All die armen Frauen die mit falschen Vorstellungen unter Vorspiegelung falscher Tatsachen in die Mutterschaft gelockt werden und dann feststellen dass ihr Leben vertan ist..... (Ironie off)

    Nein, nichts, aber auch gar nichts darf der persönlichen Entfaltung, grade der Frau heute noch im Wege stehen. Jeder hat nur noch das eigene Wohl im Sinn, alles andere muss sich gefälligst anpassen oder verschwinden.

    So, genug rumgezetert ;) Entschuldigt meinen Ausbruch. Vielleicht liege ich ja auch daneben und habe so manche Aussagen aus den Artikeln die ich gelesen hab, in den falschen Hals bekommen. Hoffe von euch hier fühlt sich niemand angegriffen.....ich hab an keine von euch hier aus dem Forum gedacht bei meinen Aussagen und will auch niemandem auf die Füße treten.

    Ergänzt oder korrigiert mich gern :)

    Ich gehe jetzt zum runterkommen mit meinem Sohn auf den Spielplatz....ganz einfach nur so...damit er spielen kann...ganz ohne Frühförderung! Und ohne Fachkraft die ihn im richtigen Spielen unterweist...ich Wahnsinnige!
    Und ich bin sogar überzeugt, es nicht irgendwann zu bereuen dass ich diese Zeit für so was banales vergeudet habe....statt an meiner Karriere zu basteln oder mich wenigstens richtig zu stylen. Obwohl wir doch wissen: Die absolute Erfüllung erreichen wir nur in einem Vollzeitjob mit Aussicht auf Topkarriere und wenn wir dabei noch aussehen wie ein Supermodel!

    Noch ein ergänzender Artikel aus der Zeit:
    http://www.zeit.de/karriere/2015-04/fam ... ch-muetter

    Bin wirklich gespannt wie ihr die Artikel beurteilt und was ihr so herauslest :)

    Gruß,
    Mangifera
  • Alyta_29Alyta_29

    533

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Mangifera, vielen Dank! Du sprichst mir aus dem Herzen!
    Ich ärgere mich auch über diese Diskussionen.

    Mittlererweile bin ich der Meinung, dass es uns zu gut geht. Wir müssen keinen Hunger leiden. Wir haben alles, was wir brauchen. Wir sind nur noch auf der Suche nach Selbstverwirklichung und scheinen vergessen zu haben, für die Dinge dankbar zu sein, die wir haben.
    Wie schrecklich müssen diese Artikel auf Paare mit unerfülltem Kinderwunsch wirken!
  • MangiferaMangifera

    192

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Hauptsächlich was zum Thema PPD aber da es auch um Perfektionismus geht, fand ich den Artikel ganz passend.

    http://www.morgenpost.de/familie/articl ... -wird.html

    Wie gesagt, in dieser Diskussion vor allem ab "Falle Perfektionismus" interessant.
    Besonders beachtenswert fand ich die Aussage, dass man den Tagesablauf mit Kindern nicht vollständig planen kann. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir auch einfach zu sehr daran gewöhnt sind alles zu takten und wegzuorganisieren. Also ist ein gewisses Maß an Chaos in einem selbst vielleicht sogar eher förderlich? :grin:

    Liebe Grüße,
    Mangifera
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