Apps für medizinische Diagnosen

bearbeitet 20. 10. 2015, 15:45 in Plauderecke
In einem Beitrag hier wurde erwähnt das die Userin eine App zur Wehendiagnose hat. Kennt oder nutzt das noch jemand?

Keine Hebammen mehr aber dafür Apps??? :shock:

Ich möchte Euch dazu einen Artikel vorstellen

Noch nicht einmal eine „Fifty-fifty-Chance” auf die richtige Diagnose – Symptom-Checker im Internet schneiden schlecht ab
Es klingt verlockend – automatische Ferndiagnosen über das Internet, ohne Praxisbesuch, ohne Wartezimmer, ohne Konsultation – kann aber in die Irre führen: So genannte Checker-Portale im Internet geben nur zu 38% die richtige Diagnose an. Dies belegt eine Untersuchnung über die Effizienz solcher Diagnose-Programme, die im British Medical Journal publiziert worden ist [1].

Die Online-Programme sollen Usern helfen, ihre Beschwerden einzuordnen und stellen auch „eigene“ Diagnosen. „ Die App „iTriage beispielsweise berät jährlich 50 Millionen Nutzer in Gesundheitsfragen, bei triefender Nase, Rückenschmerz oder anderen Beschwerden“, so die Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin (DGIM) jetzt in ihrer Mitteilung anlässlich der Studienergebnisse. Anhand von Körpermodellen, Eingabemasken für Symptome inklusive Medikamentenhersteller und Einnahmeempfehlungen spielt die Anwendung virtueller Arzt.

Auch in Deutschland hat „Dr. Web“ offenbar ein großes Sprechzimmer. „Jedenfalls kommen immer mehr Patienten mit einem großen Stapel von Ausdrucken aus dem Internet und zeigen, was sie alles zu ihren Erkrankungen gefunden haben“, sagt DGIM-Generalsekretär Prof. Dr. Ulrich R. Fölsch aus Kiel zu Medscape Deutschland.


Immer mehr Patienten kommen mit einem großen Stapel von Ausdrucken aus dem Internet und zeigen, was sie alles zu ihren Erkrankungen gefunden haben.
Prof. Dr. Ulrich R. Fölsch


Tatsächlich thematisieren die Autoren der Checker-Studie mögliche Chancen und Risiken der Portale. Sie können unter Umständen Hausärzte mit vollen Wartezimmern entlasten, den Patienten Zeit sparen und sogar dafür sorgen, dass weniger Antibiotika verschrieben werden, spekulieren die Autoren. Aber ebenso könnten sie der Gesundheit der User durch Fehldiagnosen schaden. Die Studienergebnisse machen nun wenig Hoffnung, dass die Portale den Patienten wirklich weiterhelfen. Dafür irrten sie zu oft.

Nur ein Drittel liegt richtig

In ihrer Studie testeten Forscher 23 internationale Online-Portale, ob sie die Diagnose anhand von 45 verschiedenen Beschwerdebildern unterschiedlicher Dringlichkeit korrekt erkennen können, ob sie die geschilderten Beschwerden des Users richtig bewerten und korrekte Handlungsempfehlungen geben. Diese 26 geläufigen und 19 seltenen Beschwerdebilder glichen den Übungsaufgaben, die junge Ärzte gestellt werden, damit sie korrekt zu diagnostizieren lernen, hieß es.

Von den 23 Portalen lieferten 8 eine Diagnose, 4 gaben Handlungsanweisungen, und von 11 gab es beides. In nur etwa einem Drittel aller Fälle nannten die Portale die richtige Diagnose und bei 58% der Patientenanfragen listeten sie den korrekten Befund unter den ersten 20 der genannten Vorschläge auf. Zum Teil lieferten die Datenbanken hinter den Portalen sogar bis zu 90 verschiedene Diagnosen, die sie aufgrund des eingegebenen Beschwerdebildes erhoben hatten.

Um die Flut der Ergebnisse einigermaßen in den Griff zu bekommen, betrachteten die Studienautoren deshalb nur die ersten 20 Positionen. Solche Ergebnisse geben aber „dem Nutzer noch nicht einmal eine Fifty-Fifty-Chance auf eine zuverlässige Deutung seiner Beschwerden“, sagt Fölsch.

Die Portale, die Handlungsanweisungen geben, schnitten besser ab. In 57% der Tests empfahlen sie das Richtige, vor allem bei Notfällen. Hier lagen sie zu 80% richtig. „Mit Blick auf diese Ergebnisse können wir nicht dazu raten, die Entscheidung für oder gegen einen Arztbesuch von einer App abhängig zu machen“, sagt Prof. Dr. Diethelm Tschöpe, Leiter der DGIM-Kommission Telemedizin der DGIM.

Fölsch wird noch deutlicher. „Die Portale, die von den Patienten genutzt werden, haben für uns Ärzte überhaupt keinen Nutzen. Diagnosen aus dem Computer sind eher gefährlich, weil die Patienten auf einen falschen Weg geleitet werden können. Wir haben in der Konsultation dann das Problem, den Patienten zu erklären, dass die Erkenntnisse aus dem Web meistens nicht stimmen.“

Methoden bleiben im Dunkeln

Unklar ist zudem, wie eigentlich die Checker-Portale arbeiten. Dr. Urs Vito Albrecht, stellvertretender Leiter des Peter L. Reichertz Institutes für Medizinische Informatik an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), kritisiert: „Das Problem ist, dass die Kriterien der Portale nicht offen gelegt werden.“ Man bleibe hier auf Spekulationen angewiesen.

In der Regel dürfte eine Art Datenbankstrukur hinter den Portalen stehen, die sehr viele medizinischen Begriffe und Schlüsselworte hinterlegt haben, meint Albrecht. „Dann wird die Maschine mit Wahrscheinlichkeiten hantieren: Je mehr passende Schlüsselwörter eingegeben werden, umso wahrscheinlicher ist eine bestimmte Erkrankung. Dass da allerdings die die Realität abgebildet wird, wage ich zu bezweifeln“, so Abrecht zu Medscape Deutschland.


Mit Blick auf diese Ergebnisse können wir nicht dazu raten, die Entscheidung für oder gegen einen Arztbesuch von einer App abhängig zu machen.
Prof. Dr. Diethelm Tschöpe


Auch muss eine Maschine zwangsläufig die Irrtümer des Users übersehen. Denn Patienten haben kein Fachwissen und wissen nicht, welche Kriterien für eine Eingabe wichtig sind. Anders im Sprechzimmer. Wenn der Patient in die Praxis geht, stellt er sich dem klinischen Blick des Arztes. Mimik, Haltung etc. sind schon beredt, so Albrecht. Dann wird der Arzt im Gespräch symptomorientiert nachfragen. „All das kann und erkennt die Maschine nicht“, sagt Albrecht. „Ausgereift sind diese Systeme eben nicht.“

Leider habe die Studie nicht ermittelt, ob die Checker-Portale auch erkennen, ob die Patienten eigentlich ganz gesund sind und man trotz Beschwerden Entwarnung geben könnte, bedauert Albrecht. „Derzeit bereiten wir eine Studie für den deutschen Markt vor, die auch diese Fragestellung berücksichtigen wird.“

Wie dem auch sei – trotz der Schwächen von „Dr. Web“ sieht Albrecht auch die Stärken der Checker-Portale. Denn dass User sich für ihre Gesundheit interessieren und dazu ein solches Portal nutzen, sei ein guter Schritt. „Wenn dann ein Patient zum Arzt geht, um seine Beschwerden abklären zu lassen, hat das Checker-Portal genützt“, so Albrecht. Aber der Arzt sei eben nicht ersetzbar. „Denn was der Mensch braucht, ist der Mensch.“

REFERENZEN:

1. Semigran HL, et al: British Medical Journal 2015;351:h3480

Quelle http://praxis.medscapemedizin.de/artike ... 89072_3161

Kommentare

  • CriosaCriosa

    2,598

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Ich glaube die App, die die Userin benutzt hat zählt einfach nur Wehen. Also da könnte man auch ne Strichliste führen, würde ich sagen. ;-)

    Dazu sagte mir eine Hebamme im Krankenhaus nur: "Ich sehe schon, wenn Sie Wehen haben."
    Und sie hatte Recht. Richtige Wehen, die Geburtsrelevant sind, die sind schon anders als der ganze kleine Probemist vorher. ;-)

    Aber zum Thema Apps und co: Ich google durchaus schonmal etwas herum, um einordnen zu können, was etwas sein könnte. Aber eine App würde ich dafür nie nutzen und auch grundsätzlich zum Arzt gehen.
  • JoellaJoella

    2,666

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Apps nutze ich dafür nicht. Aber Google werfe ich schon auch ab und zu an. Allerdings läuft das googeln bei mir eher im Umkehrschluss. Ich habe wegen irgendwelchen Symptomen irgendwelche Befürchtungen, und um diese auszuschließen google ich mal eben kurz und bin dann meist entspannt, weil meine Befürchtung nicht zutreffen kann.
    Ich bin ja auch jemand, der sich eher vor dem Arztbesuch drückt und auch viel mit Hausmittelchen kuriert (Bienenwachswickel, Zwiebelsäckchen etc.), aber wenn es mal schlimmer ist, dann geh ich zum Arzt.
  • NaylaNayla

    1,534

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Was es nicht alles gibt*kopfschüttel*.
    Das einzige was ich als "medizinische" App nutze ist mein Periodenkalender.
    Der hat meinen Eisprung auch richtig ausgewertet ;-)

    Ansonsten halte ich von all denn Dingen nicht viel.
    Klar google ich mal nach medizinischen Begriffen oder nach Krankheiten aber einfach weil es mich interessiert.
  • JoellaJoella

    2,666

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Stimmt, meine Temperaturkurve führe ich auch online. Ist einfach sehr übersichtlich und hilft auch beim Auswerten.
  • maxi37maxi37

    5,192

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Ich hab auch nur eine “Erdbeerwoche“ App. Weil ich immer vergesse, wann ich dran bin. Oder wenn ein Arzt fragt, wann die letzte Regel war, musste ich immer ewig überlegen.
  • NaseweisNaseweis

    5,435

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Ich habe/hatte auch eine Mens app. Und dann gibt's noch ne Schwangerschaftsapp die finde ich auch schön.
    Ja die Wehenapp zählt nur die Wehen (da kann man Start und Ende antippen) . Wie gesagt eine Strichliste würde es da auch tun
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