Keine Angst vor ein bisschen Fieber!

bearbeitet 2. 04. 2016, 10:18 in Kranke Kinder
Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt Eltern, Fiebermedikamente nicht voreilig einzusetzen
Umdenken ist angesagt: Eine erhöhte Körpertemperatur ist äußerst selten gefährlich, ja es hilft oft sogar, schneller gesund zu werden. Fieber ist keine Krankheit, sondern eine ganz normale und nützliche Antwort des Organismus auf Infektionen. Die ansteigende Hitze lähmt die Vermehrung von Viren und Bakterien. Mit dem schnellen Griff nach Fieber senkenden Mitteln bewirkt man oft genau das Falsche, sagt die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme: Man hindert den Körper daran, die "bösen" Keime selbst zu bekämpfen. Diese Meinung vertreten immer mehr Wissenschaftler. Sie widersprechen damit nicht nur der Überzeugung von besorgten Eltern fiebernder Kinder, sondern revidieren auch den herkömmlichen Wissensstand vieler Mediziner.

"Kinder haben häufig Fieber, je jünger, umso öfter. Durch das Fieber allein wird aber das Kind nicht krank, wie viele Eltern meinen. Die erhöhte Temperatur ist lediglich ein ‚Symptom’, also ein Zeichen dafür, dass sich der Körper des Kindes mit Krankheitserregern auseinandersetzt", stellt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit fest. "Das Fieber ist also eine sinnvolle physiologische Abwehrreaktion: Mit seiner Hilfe versucht der Organismus, eingedrungenen Krankheitserregern ein möglichst ungastliches Klima zu bereiten und sie so an der Vermehrung zu hindern".
Die Angst vor einer steigenden Körpertemperatur ist jedoch bei den meisten Menschen tief verankert. Fieber gehört zu den von den Eltern am meisten gefürchteten Zuständen ihres Kindes und wird mit schwerer Krankheit, Krampfanfall, Hirnschaden, bösartiger Erkrankung und Tod in Verbindung gebracht. Aus Angst um ihr fieberndes Kind greifen viele Eltern schon früh zu Fieber senkenden Maßnahmen.
Fieber ist mit rund 70 Prozent auch der häufigste Grund für die Vorstellung von Kindern beim Kinder- und Jugendarzt oder Hausarzt.

Kommen Eltern mit ihrem fiebernden Kind zum Arzt, bitten sie ihn meist gleich um fiebersenkende Mittel. Die Notwendigkeit der Fieberbekämpfung wird als selbstverständlich vorausgesetzt. Diese regelrechte Fieberphobie führt jedoch laut Stiftung Kindergesundheit häufig zu einer unverhältnismäßigen oder sogar schädlichen Anwendung von fiebersenkenden Medikamenten. Deshalb sollten Eltern wissen, dass Fieber dem Kind meist mehr nutzt als schadet.

Das Feindbild des Fiebers ist international. Eine Studie des Johns Hopkins Hospital in Baltimore zeigt deutlich, welche Ängste steigende Temperaturen ihres Kindes bei amerikanischen Eltern auslösen:

•44 Prozent der 340 befragten Eltern deuteten Werte von 38,9 Grad Celsius bereits als hohes Fieber, eine Temperatur, die von den Ärzten noch als mäßig erhöht angesehen wird.
•91 Prozent der Eltern fürchten gefährliche Folgen des Fiebers, beispielsweise Hirnschäden (21 Prozent) oder sogar den Tod (14 Prozent).
•Wenn ihr Kind fiebert, legen viele der amerikanischen Eltern das Thermometer kaum noch aus der Hand: Mehr als die Hälfte kontrolliert die Temperatur mindestens einmal stündlich.
•Jedes vierte fiebernde Kind bekommt schon bei einer Temperatur unter 37,8 Grad Celsius ein Fieber senkendes Mittel verabreicht.

Sogar Ärzte fürchten "Fieber-Folgen"
Die Fieber-Phobie findet sich aber auch noch unter den Fachleuten, die es besser wissen müssten. In einer Studie der kanadischen Universität Calgary wurden 79 Hausärzte gefragt, welche potentiell schädlichen Effekte Fieber haben könne. Neben den Hauptsymptomen Unwohlsein, Flüssigkeitsverlust und Fieberkrampf nannten 32 Ärzte (40,5%) auch Hirnschäden als drohende Folge und 27 Allgemeinmediziner (34,2%) befürchteten gar den Tod.

Dabei haben zahlreiche Untersuchungen ergeben, dass das Fieber eine der wichtigsten Immunreaktionen des Körpers darstellt. Aus vielen Studien geht hervor, dass das Wachstum von Viren und auch einiger Bakterienarten durch erhöhte Temperatur stark gehemmt wird. Die nützlichen Reaktionen des Organismus gegen eingedrungene Krankheitserreger laufen am besten bei einem Fieberzustand zwischen 39 und 40 Grad ab. So arbeiten die so genannten Fresszellen, die Phagozyten, die die Eigenschaft haben, Bakterien unschädlich zu machen, bei einer Temperatur von 39 Grad optimal.

Unter 40 Grad droht keine Gefahr
Kleine Kinder ertragen hohe Temperaturen überdies in aller Regel viel besser als Jugendliche oder Erwachsene. Selbst hohes Fieber über 40 Grad macht ihnen oft nichts aus. Bei sonst gesunden Kindern steigt die Temperatur schnell und oft auf Werte zwischen 40 und 41 Grad Celsius, aber nur selten höher. Bis 40 bis 41 Grad verstärken sich verschiedene Abwehrfunktionen, diese Temperaturen sind jedoch fast immer ungefährlich, betont die Stiftung Kindergesundheit. Temperaturen über 41 bis 42 Grad kommen selten vor. Sie können je nach Umständen kritischer sein, werden aber in der Regel ebenfalls folgenlos überstanden.

Deshalb gilt: So lange sich das Kind nicht zu krank fühlt und auch sonst einen guten Allgemeineindruck macht, muss man gegen das Fieber nicht angehen. Bei Kindern, die trotz erhöhter Temperatur munter sind und normal essen und trinken, müssen keine Maßnahmen ergriffen werden. Steigt die Temperatur aber auf Werte deutlich über 38,5 Grad an, kann der Allgemeinzustand eines Kindes beeinträchtigt werden.

Nur dann, wenn das Kind durch das Fieber leidet, unruhig und quengelig ist, Trinken und Essen verweigert, nicht schlafen kann oder im Verhalten beeinträchtigt ist sollten die Eltern Gegenmaßnahmen ergreifen, so die Empfehlung der Stiftung Kindergesundheit.


Dem Kind droht kein Schaden
"Die Suche nach der Ursache des Fiebers und ihre zeitgerechte und ursächliche Behandlung ist deshalb wichtiger als die Senkung des Fiebers", bekräftigt Professor Dr. Berthold Koletzko. "Die Faustregel von uns Kinder- und Jugendärzten lautet heute: Die Krankheit behandeln, nicht das Thermometer."

Die neuen Erkenntnisse sind in einigen Ländern mittlerweile Bestandteil der Leitlinien für Ärzte und Gesundheitsberufe geworden. So stellen die "Guidelines" des britischen „National Institute for Health and Clinical Excellence“ (NICE) nachdrücklich fest:

•Fieber ist ein normaler Abwehrmechanismus gegen die Krankheit und kann die Dauer der Erkrankung sogar verkürzen.
•Die Höhe des Fiebers sagt nichts über die Schwere der Erkrankung aus.
•Die Bekämpfung des Fiebers kann die Dauer der zu Grunde liegenden Krankheit nicht verringern.
•Fiebersenken verhindert nicht die Entstehung von Fieberkrämpfen.
•Hohes Fieber allein verursacht keine schwerwiegenden Schäden.
•Der einzige Grund zur Temperatursenkung ist, das Befinden des Patienten zu verbessern.
•Eltern eines fiebernden Kindes sollten einen Kinderarzt konsultieren. Sie sollten aber wissen, dass die erhöhte Temperatur meist Folge eines gewöhnlichen, "banalen" Infekts ist und durch das Fieber ihrem Kind kein Schaden droht.


Medikamente nur auf ärztlichen Rat!
Zäpfchen sind die ideale Arzneiform für Babys und kleine Kinder, weil sie sie nicht schlucken müssen. Sie enthalten meist die mild schmerzlindernden und fiebersenkenden Substanzen Paracetamol oder Ibuprofen: Sie gelten als am besten verträgliche Schmerzmittel im Kindesalter. Die Dosierungsvorschriften müssen jedoch unbedingt genau eingehalten werden, betont die Stiftung Kindergesundheit.

Dagegen sollte Acetylsalizylsäure (ASS, "Aspirin") wegen des seltenen, aber gefährlichen Risikos eines "Reye-Syndroms" (mit der Gefahr einer schweren Leber- und Gehirnschädigung) bei Kindern unter zwölf Jahren nicht zur Fiebersenkung und Schmerzlinderung verwendet werden.

Generell gilt: Kinder sollten Medikamente nur auf ärztliche Anweisung verabreicht bekommen. Dosierung und Einnahmedauer müssen genau eingehalten werden, um unerwünschte Nebenwirkungen zu vermeiden.

Was Kinder wirklich brauchen
Kinder mit Fieber brauchen viel Flüssigkeit, um das durch Schwitzen verlorene Wasser zu ersetzen. So lange das Kind zu Beginn des Fieberanstiegs fröstelt, sollten Eltern - am besten mit einer Wolldecke oder einer Wärmflasche - für Erwärmung sorgen. Abkühlungsmaßnahmen sind erst dann empfehlenswert, wenn sich nicht nur Gesicht und Stirn, sondern auch die Beine und der übrige Körper des Kindes warm anfühlen.

Kinder mit Fieber brauchen Ruhe, reichlich zu trinken und liebevolle Pflege. Das hilft ihnen mehr als rezeptfrei angebotene Medikamente gegen Husten oder Erkältungen. Die Food und Drug Administration, die American Academy of Pediatrics und weitere medizinische Organisationen halten derartige Produkte für Kinder unter sechs Jahren für ungeeignet.


Wie man Fieber richtig misst
Zur Bestimmung der Körpertemperatur gilt die traditionelle Messung im After als der Goldstandard. Dieses Verfahren wird in Deutschland bevorzugt bei Säuglingen und Kleinkindern angewandt. Ein Vergleich von 75 wissenschaftlichen Studien durch kanadische Forscher hatte erst kürzlich bestätigt: Das rektale Messen liefert genauere Werte als andere Verfahren.
Bei der Messung im After muss das Thermometer festgehalten werden und das Kind darf nicht sich selbst überlassen bleiben. Die Messung sollte rektal mindestens fünf, unter der Achselhöhle oder unter der Zunge zehn Minuten dauern.
Während bei kleinen Kindern das Risiko besteht, dass sie auf das Fieberthermometer beißen, kann bei älteren Kindern und Erwachsenen die Temperaturmessung auch in der Mundhöhle erfolgen. Die im Mund gemessenen Werte liegen im Durchschnitt etwa 0,6 Grad Celsius tiefer als die rektalen Werte. Auch die in der Achselhöhle ermittelten Temperaturen sind niedriger als die rektalen Werte.

Ohrthermometer ermitteln die Temperatur mittels Infrarot-Messung des Trommelfells. Diese Werte liegen nahe an der Körperkerntemperatur, die Messungen sind jedoch nicht in allen Studien beständig: Die Messung kann zum Beispiel durch den Ohrenschmalz verfälscht werden.

Kommentare

  • bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Seht das Thema bitte als Zusatzinfo
    gesundheitsfragen/antibiotikawarnung-fur-kinder-t61090.html

    Da es sich um ein Zitat (aus sicher Quelle) handelt wollte ich den Text gerne für sich selbst sprechen lassen.
  • NaylaNayla

    1,534

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Unter 40 Grad droht keine Gefahr
    Kann ich jetzt leider nicht so unterschreiben :sad:
    Wir haben 2 Kinder im Freundeskreis die im Alter von 6 & 9 Monaten in einen Fieberkrampf gefallen sind,
    die Kinder hatten nur erhöhte Temperatur und von der einen in die andere Sekunde schnellte es nach oben.
    Im Kindergarten fiel vor kurzen auch ein Kind in einen Fieberkrampf, er hat über Tag unbemerkt erhöhte Temperatur bekommen. Alle 3 haben keinen Schaden erlitten aber sie gehören zu den Kindern die früh Fieber senkende Medis brauchen.

    Natürlich sollte man nicht sofort zu Medikamenten greifen und auch Wadenwickel & Co. ausprobieren.
    Eben um denn Körper arbeiten zu lassen aber ich bin da echt vorsichtig mittlerweile.
    Ilias hat oft Fieber und wir lassen ihn das ausstehen aber wenn du dein kleines Kind zitternd im Arm hältst weil es Schüttelfrost hat (er hatte knapp 39) und das über Std. dann denkt man doch anders ;-)
    Unser Kinderarzt empfiehlt Fieber senkende Medis ab 38, ich persönlich entscheide das nach befinden meines Kindes!
  • MäusleMäusle

    7,471

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    ich mach das ähnlich Nayla. tagsüber lass ich mein Kind auch gern mal fiebern, aus dem einfachen Grund, weil sich ein fieberndes Kind mehr ausruht, als eines, das mit Medikamenten voll ist . Das tobt dann gerne durch die Gegend. Da entscheide ich echt nach Befinden... Anders ist es nachts. wenn mein Knirps Fieber hat, schläft er nachts so gut wie gar nicht (tagsüber dann auch nicht) und da helf ich dann doch mal nach, damit er wenigstens genug Schlaf bekommt und sich etwas besser fühlt zur Nacht. Grundsätzlich probier ichs auch mit den alten Hausmitteln, aber aus eigener Erfahrung weiß ich, dass nicht jeder Mensch bei Fieber zb. Wadenwickel erträgt. bei Kindern sollten die sowieso mit äußerster Vorsicht gemacht werden (Wasser maximal 2-3° weniger als die Körpertemperatur)

    is immer schwierig, aber ich bin kein Freund von ständig Fiebermessen (das machen wir maximal 2x täglich, wenn überhaupt) und auch kein Freund von schnell Medis geben.
  • NaylaNayla

    1,534

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Ich muss gerade grinsen, Ilias ist trotz 39 Fieber tags total munter, da muss man echt gut aufpassen :boese13:
    Nachts ist er allerdings auch sehr unruhig!
    Seine Schwester ist dagegen ganz müde und schläft das Fieber aus.
  • MäusleMäusle

    7,471

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    ne munter ist meiner schon ab 38,5 meist nicht mehr. interessant wie unterschiedlich das ist ;-) ich wäre froh, wenn J. tagsüber mal schlafen würde. tut er leider aber nicht! :scratch.: er will auch keine Bücher lesen, nicht spielen, nichts. Hatten wir heut erst wieder (39,1 fieber). am besten läuft so nebenbei der Fernseher. mit Tiersendungen oder mal Biene Maja. so ganz leise nebenbei. manchmal holt er sich dann noch kleine Autos und spielt nebenbei. aber grundsätzlich will er gar nix machen außer vor sich hin glotzen oder Fernsehen.
    Nachts würde er mir ohne Fiebersaft alle 15-20 min aufwachen, weinen, und nicht schlafen können. da bin ich schon froh, dass man ihm bissl was geben kann.
  • NaseweisNaseweis

    5,435

    bearbeitet 30. 11. -1, 02:00
    Ich bin zum Glück niemand der direkt Medis gibt, Fiebersaft gibts hier WENN überwiegend zur Nacht, wenn es da am abend schon bei 38 + ist. Tagsüber entscheide ich ebenso nach dem Wohlbefinden des Kindes.
    Kenne leider einige, die immer direkt mit Medis hantieren :sad: versteh ich gar nicht....
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